Azubi gesucht – machen kommt von tun

Die Azubisuche und Themen rund herum sind Lieblingsthemen in meinem derzeitigen HR-Job. Umso mehr freue ich mich, dass ich dir heute einen Gastartikel bei Sabine Bleumortier vorstellen darf.

Sie ist leidenschaftliche Azubiflüsterin, Buchautorin und Coach im Bereich Ausbildung und wichtige Inspirations- und Informationsquelle für Arbeitgeber.

 

🎧 lieber hören als lesen?
-> hier gibt’s auch die passende Postcastfolge dazu!

 

In einem Handwerksbetrieb mit 150 Mitarbeitenden (KMU) bin ich verantwortlich für das Recruiting und besetze jeden September zwischen 5 und 8 Ausbildungsstellen in mindestens drei Berufen.

Das Handwerk genießt derzeit nicht den besten Ruf bei den Jugendlichen, was unsere Suche nach Azubis erschwert. Es gilt, neues auszuprobieren, auch mal unkonventionelle Wege zu gehen – die alten Quellen dabei aber nicht außer Sichtweite zu lassen.

In den letzten fünf Jahren habe ich einige Strategien entwickelt, um trotzdem am Ball zu bleiben. Es gibt für kein Unternehmen DIE Lösung, eine Firma ist ein lebender Organismus und jeder muss entscheiden, was zur Kultur passt.

Hier einige Anregungen, die gerne nachgemacht, ausprobiert, weiterentwickelt werden dürfen. Der entscheidende Faktor ist, nah am Thema dranzubleiben, Schema F auch mal über Bord zu werfen und ein offenes Ohr Richtung junge Leute zu haben – die eigentliche Zielgruppe!

Auszubildende, zwei junge Leute mit Smartphone, fröhlich, Freizeitlook
Eine neue Generation von Arbeitnehmer:nnen wächst heran - mit völlig neuen Bedürfnissen

1. Social-Media- und Internet-Präsenz

Es hallt von allen Bergen: die klassische Stellenanzeige funktioniert nicht mehr. Zumindest nicht gut. Für Fachkräfte erfüllen sie manchmal noch ihren Zweck, junge Leute allerdings nutzen dieses Medium kaum noch.

Ich setze voraus, dass mittlerweile jedes Unternehmen eine Website hat – das ist die Eingangstür im Internet zur Firma! Gut pflegen und aktuell halten! Die klassische Google Suche spült in der Regel die meisten Interessenten auf deine Seite.

Entscheide dich zusätzlich für eine Plattform. Bei der Wahl spielt eine Rolle, wer den Kanal bedient (z.B. der Azubi selber, Marketing, die Chefin…) und wie sich derjenige damit wohlfühlt. Überlege dir, was an deinem Betrieb so besonders ist und betone dies hier immer wieder (z.B. seltener Beruf, international usw.).

So ist eine authentische und interessante Präsenz in den sozialen Medien möglich, was jungen Leuten sehr wichtig ist. Der Vorteil: kaum Budget notwendig, die meisten Kanäle sind „umsonst“.

2. In regionalen Sonderheften – und Zeitungsteilen inserieren

Trotz online Azubisuche ist Papier aber noch ein Medium mit Daseinsberechtigung. Da wo es Sinn macht sei als Betrieb mit vertreten (Branchen, Region). Die Kosten sind hier vergleichsweise gering und gut planbar. Die Sonderhefte für Auszubildende sind in der Regel zwischen zwei und vier Mal im Jahr. Oft ist ein Onlineangebot gekoppelt.

Durch die Regionalität solcher Angebote erreichst du die Zielgruppe in deiner Nähe. Die Magazine und Co. werden oft an Schule oder Orten ausgelegt, an denen sich Jugendliche befinden. Auch die Eltern lesen den Sonderteil für Auszubildende in den regionalen Wochenzeitungen. Sie sind ein wichtiger Partner, damit sich die jungen Menschen dann auch wirklich bei dir bewerben.

3. Praktikum anbieten

Falls es die Ressourcen zulassen bitte auch für Schüler, die heute noch zu jung sind für eine Ausbildung. Denn diese suchen später auch wieder nach einer Ausbildung und denken im besten Falle hier wieder an die Praktikumswoche in deiner Firma!

Für das Handwerk sind Praktikumsangebote eigentlich unerlässlich. Oft können sich die jungen Menschen nicht vorstellen, was dieser oder jener Beruf überhaupt ist oder wie der Alltag aussieht. Jetzt bist du und dein Handwerk gefragt!

Biete ein paar Praktikumstage an, schicke den Schüler (vielleicht zukünftiger Auszubildende) mit unterschiedlichen Kolleginnen und Kollegen „aufs Feld“. Anschießend kannst du dir mehrere Einschätzungen zum Kandidaten einholen.

Zugegeben, es kostet Zeit und Mühe, vor Allem der Außendienst ist damit mehr belastet. Aber wenn du klar machst, dass der Nachwuchs für die Zukunft des Unternehmens unerlässlich ist und alle an einem Strang ziehen, wirst du sie mit ins Boot holen.

Viele Mitarbeitende empfindet es auch als eine schöne und erfüllende Aufgabe, den eigenen Job zu erklären und Wissen weiterzugeben.

Im besten Falle springt der Funken für dein Handwerk auf den jungen Menschen über! Eine Bewerbung folgt! Wunderbar

Azubi junge Frau in Schreinerwerkstatt, hell, beschäftigt
Wir sind immer noch eine Werte- und keine Wertpapiere-Gesellschaft

4. Unternehmenswerte leben

Damit zahlst du auf deinen Ruf als guter Arbeitgeber in deiner Branche und Region ein, was sehr nachhaltig, aber auch fragil ist. Hier handelt es sich um ein länger andauerndes Projekt, das eigentlich nie ganz fertig ist.

Über deinen Ruf kommen Empfehlungen, auch Familienmitglieder von Mitarbeitenden sind eventuell interessiert. Dies ist nicht nur für die Ausbildung entscheidend, sondern stellt dich allgemein als Arbeitgeber besser da. Denke auch an Bewertungsplattformen wie kununu und Co.

Wissen Jobpartner wie dein Ansprechpartner bei der Arbeitsagentur oder Berufsbildungseinrichtungen, dass du einen soliden Betrieb hast, der gut ausbildet, wird dir hier auch eher ein Auszubildender zugespielt, der zu dir passt. Was mich gleich zum nächsten Punkt bringt:

5. Netzwerk aufbauen

Zu Schulen, Bildungseinrichtungen, Jobcenter, deiner Gemeinde oder Stadt, in Verbänden oder ähnlichem. Bemühe dich um Einladungen zu Stammtischen, Events etc.. Auch mal freiwillig „Zeit“ sponsern für Aktionen bringt dir viele Pluspunkte und du kommst mit deiner Zielgruppe in Kontakt.

Trau dich, bei Formaten teilzunehmen, die neu für dich sind! Biete einen gemeinsamen Abend für Interessierte bei der örtlichen Feuerwehr an oder bring dich in Onlinespeeddating-Events mit ein, wenn sowas angeboten wird.

Nicht immer springt direkt eine Bewerbung oder ein Auszubildender dabei heraus. Aber die Präsenz deines Unternehmens, der Kontakt und Verlässlichkeit werden wahrgenommen. Über die Zeit wirst du damit Erfolge erzielen.

Azubi Symbolbild Social-Media, Kreisezeichnung Denkblasen mit verschiedenen Kommunikationszeichen wie Wlan, Brief, Musiknote
Vernetzen tut in jedem Bereich gut - ein Miteinander stärkt den Einzelnen

6. Hürdenfreie Kommunikation

Was auch für „Erwachsene“ gilt ist für die Kids um so wichtiger: mache es Ihnen einfach, sich bei dir zu bewerben! Spare dir lange Prozesse mit Fragebögen und langen Formularen!

Natürlich gibst du klar an, welche Unterlagen du erwartest, aber biete eine Mailadresse an, vielleicht experimentierst du auch mit WhatsApp oder lässt dich auch per Instagram/Facebook anschreiben. Fehlende Unterlagen kannst du immer noch einholen bei Interesse, aber zunächst gilt es, Kontakt herzustellen und die Bewerber:innen für die Ausbildung an den Haken kriegen. Probiere es aus!

7. Suche outside the box

Es lohnt sich links und rechts jenseits der Noten nach potentiellen Auszubildenden zu suchen. Konzentriere dich auf die wichtigen (z.B. technischen) Fächer und versuche, Potenzial zu erkennen. Lade auch mal Schüler:innen ein, die bei anderen Firmen durchs Raster fallen würden. Und gib auch mal jemanden eine Chance, auch wenn du weißt, es könnte etwas mehr Arbeit sein.

Das Handwerk ist eine praktische Angelegenheit, die Schule eher ein Ort der Theorie. Das System ist nicht für alle jungen Leute gleichermaßen ideal, um ihr Potenzial zu entfalten. Als Ausbilder hast du nicht nur eigenen Interessen, du hast auch eine wichtige gesellschaftliche Verantwortung.

Entwickle ein Selbstbewusstsein für deine Aufgabe für die Gemeinschaft und sehe das große Ganze! Du lehrst den Töchtern und Söhnen in deiner Region einen Beruf – deinen Beruf! Das ist etwas Wunderbares!

Es gibt so viele ungehobene Schätze, du musst aber das Wasser auch mal kräftig aufwühlen! Habe den Mut, an Menschen zu glauben und ab und an mal einen Vertrauensvorschuss in die Jugend zu investieren. Du warst schließlich auch mal jung.

Azubi 7 Tipps in Aufzählungsform, dunkler Hintergrund, gelbe Schrift, kleines Symbol mit Händen, die Mensch halten

 

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